Blaue Himmel & Metzgereifachverkäuferinnen

Ein beschauliches Örtchen für einen unbeschaulichen Mord: Seith und Bezzel warten in Sipplingen, bis die Kamera läuft. © Fritjof Schultz-Friese / bodensee-woche

Der Metzger ist niemals der Mörder – oder doch?

Von Ingeborg Wagner, Schwäbische Zeitung

Wenn sich Anselm Neher, Sipplingens Bürgermeister, gestern etwas hätte wünschen dürfen, dann „etwas besseres Wetter“. Seine Gemeinde ist Schauplatz für den Bodensee-Tatort – und was tut es? Regnen! Ein feiner, ständiger Niesel. „Aber die beim Fernsehen haben ihre Tricks, vielleicht machen sie noch blauen Himmel daraus“, witzelt er und geht zurück ins Amt. Weit hat er es nicht, denn Drehort ist die Metzgerei Zugmantel in der Rathausstraße 21. Nur dass der kleine Laden kurzerhand in „Metzgerei Mader“ umgetauft wurde. Der Metzger wird von der Polizei gerade tüchtig in die Mangel genommen. „Bitte Ruhe, wir proben“, kommt die Regieanweisung. Das heißt: „Pssst“ für Reporter und Schaulustige. Eva Mattes in der Rolle der Tatort-Kommissarin kommt als Letzte ans Set, ihr ewiger Assistent Perlmann – gespielt von Sebastian Bezzel – hat nach einem reichhaltigen Mittagessen in der „Krone am See“ Zeit, einige Zigaretten zu rauchen und sich mit Schauspielkollege „Metzger“ Tristan Seith zu unterhalten. Es ist der 24. Tatort in 12 Jahren – doch für Bezzel ist es das erste Mal, dass er in Sipplingen ist. „Ich genieße es immer, draußen zu drehen“, verrät er. Dabei genießt er das Privileg, in der abwechslungsreichen Landschaft rund um den See agieren zu dürfen. „Der Dietmar Bär vom Kölner Tatort ist immer ein wenig neidisch auf mich.“ Der könne die ewig gleiche Stadtkulisse Kölns nicht mehr sehen. Bezzel: „Mal sehen, vielleicht tauschen wir mal.“

Die Einfahrt in die Rathausstraße ist abgesperrt. Riesige Lampen leuchten das Set aus, ein schwarzer Vorhang sorgt für Sichtschutz und Hintergrund zugleich. Seit 9 Uhr morgens sind das 30-köpfige Team des SWR – Techniker, Kameramann, Produktion – und die Schauspieler vor Ort. Die zehn Stunden Arbeit ergeben schlussendlich 5,5 Minuten Sendezeit, rechnet Produktionsleiter Michael Bentkowski vor. Nur vier Tage lang wird für den Tatortfilm „Die schöne Mona“ von SWR und Maran-Film tatsächlich vor Ort gedreht. Montag und Dienstag war die Marienschlucht bei Bodman Schauplatz des Geschehens, und heute wird im Schilfbereich des Überlinger Sees gedreht. „Dann geht es wieder heim“, sagt Bentkowski. Heim, das heißt Baden-Baden, und schuld daran sei ein gewisser Kostendruck. Die Außenaufnahmen sind wesentlich teurer – allein schon wegen der Reisekosten der gesamten Crew. Dabei geht Luxus anders. Die „Maske“ von Eva Mattes ist ein Provisorium und im ehemaligen Kindergarten untergebracht, und auf einem der SWR-Wagen prangt der Name von Sebastian Bezzel: sein Revier.

Zu den Schaulustigen gehören auch Michaela Beirer und Alexandra Kellermeier – und auch sie sind Schauspielerinnen, beziehungsweise Souffleuse. Gestern Abend hatte die Kolpingfamilie Sipplingen Generalprobe für ihr Laienstück „Mord im Hühnerstall“ und die beiden amüsieren sich etwas über den sehr ländlichen Kleidungsstil der Komparsen. „Die wären in unserem Stück gerade richtig“, lachen sie. Ansonsten sind sie etwas beunruhigt: Die Generalprobe ist gleichzeitig Sondervorstellung für die Senioren aus dem Ort und dem Umkreis. „Wir hoffen, dass wir bis heute Abend wieder erreichbar sind.“ Denn viele der Zuschauer seien auf Rollator oder andere Gehhilfen angewiesen und könnten keinen großen Umweg machen. Nun kommt auch noch die wirkliche, echte Metzgereifachverkäuferin zum Filmort. Rita Sernatinger, Angestellte bei Zugmantel, muss noch Würstle ausliefern und sollte eigentlich in den Kühlraum.

Sie nimmt’s sportlich. „Ich komm da schon noch rein.“ Hungern muss niemand...

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